Adipositas
Mediziner sprechen von Adipositas, wenn starkes Übergewicht vorliegt. Sie hat verschiedene Ursachen, und die Folgeerkrankungen sind vielfältig und zahlreich. Schon Kinder können von den daraus resultierenden Krankheiten betroffen sein. Circa ein Viertel der Bevölkerung hat einen BMI über 30 und wird damit als adipös eingestuft.
Was bedeutet Adipositas?
Der lateinische Begriff „Adipositas“ wird oft als „Fettleibigkeit“ oder „Fettsucht“ übersetzt, wobei „Obesitas“ ein weiteres Synonym darstellt. Adipositas kennzeichnet krankhaftes, starkes Übergewicht. Der Body-Mass-Index (BMI) dient, wenn auch nur grob, zur Einordnung von Adipositas. Mit zunehmendem Übergewicht steigt auch das Risiko für Begleiterkrankungen.
In Deutschland ist die Zahl adipöser Menschen hoch, fast ein Viertel der Bevölkerung ist stark übergewichtig. Adipositas wird häufig auch als Obesitas bezeichnet. Während manche Menschen und Ärzte Adipositas nicht als Krankheit, sondern als Indikator für eine ungesunde Lebensweise betrachten, verbergen sich doch viele unterschiedliche Ursachen hinter dieser Erkrankung. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Adipositas anhand eines Body-Mass-Index (BMI) von über 30 kg/m², wobei der BMI lediglich als grobe Orientierung gilt.
Der BMI wird berechnet, indem das Körpergewicht in kg durch die Körpergröße in m² dividiert wird. Der BMI ermöglicht die Einschätzung des Adipositasgrades. Beispielsweise stellt die Deutsche Adipositas-Gesellschaft einen Online-Rechner für den BMI zur Verfügung.
So werden Body-Mass-Index und der dazugehörige Grad der Adipositas ermittelt:
Wesentlich für das Risiko ist die Fettverteilung
Adipositas kann eine Vielzahl von Folgeerkrankungen nach sich ziehen, darunter Fettleber, Fettgewebestörungen, Bluthochdruck, Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Verteilung des Körperfetts ist maßgeblich für das Risiko, eine dieser Erkrankungen zu entwickeln. Man unterscheidet zwischen dem weniger riskanten "Birnen-Typ" mit Fettansammlungen an Gesäß und Beinen und dem "Apfel-Typ" mit Bauchfettkonzentration.
Deshalb messen Ärzte häufig den Taillen- und Bauchumfang zwischen dem unteren Rippenbogen und der Oberkante des Hüftknochens. Männer mit einem Bauchumfang von mehr als 94 cm und Frauen mit einem Umfang von über 80 cm sind besonders anfällig für Diabetes Typ 2, koronare Herzkrankheiten und Schlaganfälle. Ein extrem hohes Risiko haben Männer mit über 102 cm und Frauen mit über 88 cm. Zusätzliche Tests, wie z.B. die Untersuchung des Stoffwechsels, können weitere Erkenntnisse liefern.
Eine andere übliche Methode zur Einschätzung von Adipositas ist das Verhältnis von Bauch- zu Hüftumfang (Waist-to-Hip-Ratio). Hier wird der Bauchumfang durch den Hüftumfang geteilt. Frauen sollten auf einen Wert unter 0,85 und Männer auf einen unter 1,0 achten. Ein weiteres Verhältnis, das als Indikator dienen kann, ist das von Bauchumfang zu Körpergröße (Waist-to-Height-Ratio). Hierbei spielt das Alter eine wichtige Rolle. Menschen unter 40 Jahren sind bei einem Wert von weniger als 0,5 nicht gefährdet.
Bei Personen zwischen 40 und 50 Jahren sollte der Wert zwischen 0,5 und 0,6 liegen. Für Menschen über 50 Jahre sollte dieser Wert nicht über 0,6 steigen. Allein das Errechnen dieses Wertes reicht jedoch nicht aus; weitere medizinische Untersuchungen sind notwendig, um eine klare Diagnose zu stellen.
Ein hoher BMI oder Übergewicht sind nicht immer problematisch. Besonders bei Personen, deren Fett hauptsächlich an Oberschenkeln oder Gesäß verteilt ist oder die eine große Muskelmasse besitzen, besteht geringeres Risiko. Generell gilt allerdings: Mit steigendem Taillenumfang oder BMI erhöht sich auch das Risiko von Erkrankungen wie Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Arteriosklerose oder Diabetes. Von starkem, krankhaftem Übergewicht spricht man dann, wenn sowohl der BMI als auch das Bauch-Hüfte-Verhältnis über den festgelegten Grenzwerten liegen. Sollten die genannten Folgeerkrankungen auftreten, ist eine ärztliche Behandlung dringend erforderlich.
Die Ursachen von Adipositas
Für die Entstehung von Adipositas gibt es viele unterschiedliche Ursachen. Neben biologischen, genetischen, psychologischen, sozialen und neurobiologischen Faktoren spielen auch Umweltbedingungen eine bedeutende Rolle.
Die zunehmende Verbreitung von Adipositas in Industrieländern wird von Forschern häufig mit sogenannten gewicht-fördernden Umweltbedingungen (obesogenic environment) erklärt. Hierzu zählen insbesondere Fehl- und Überernährung sowie Bewegungsmangel. Die Annahme, dass Menschen mit Adipositas allein für ihr Übergewicht verantwortlich sind, sollte überdacht werden, da zahlreiche Faktoren das Übergewicht begünstigen.
Zu viel Energie für den Körper
Krankhaftes Übergewicht ist auf den ersten Blick einfach zu verstehen: Der Körper erhält durch die Nahrung mehr Energie als er aufgrund von Bewegungsmangel verbraucht. Die überschüssige Energie speichert er dann als Fett in den Fettzellen.
Zwar sind sich die Forscher einig über diesen Zusammenhang, doch bleibt unklar, warum einige Menschen mehr als ihren Energiebedarf essen, während andere sich dem Bedarf ihres Körpers gemäß verhalten. Die Neurobiologie liefert hierfür verschiedene Erklärungsansätze. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit, dass die Therapie von Adipositas individuell auf jeden Patienten abgestimmt werden muss.
Adipositas kann durch eine Vielzahl von Faktoren verursacht werden, von genetischen Defekten bis hin zur Schlafhygiene.
Einige Menschen besitzen einen genetischen Defekt, der dafür sorgt, dass das Sättigungsgefühl ausbleibt. Andere haben von Kindheit an gelernt, Stress durch Essen zu kompensieren, da das Belohnungszentrum im Gehirn dadurch befriedigt wird.
Es gibt auch Menschen, die unter Schlafstörungen leiden, was sich wiederum negativ auf den Stoffwechsel auswirkt. Bei ihnen bleibt das Hungergefühl bestehen, obwohl der Körper keine Nahrung benötigt. Manche Menschen mit starkem Übergewicht zeigen bei Stress eine Insulinerhöhung, wodurch der Körper selbst bei körperlicher Aktivität nicht ausreichend Fett abbaut.
Einige adipöse Personen erleben unkontrollierbare Essanfälle. Die Kontrolle über das Essverhalten geht verloren und ohne externe Unterstützung ist es nahezu unmöglich, diese wiederzuerlangen.
Es wird auch vermutet, dass einige Menschen ein gesundes Gewicht bei einem BMI von 30 haben. Obwohl sie als übergewichtig gelten, zeigt sich dies nicht in gesundheitlichen Einschränkungen. Für diese Personen ist Übergewicht möglicherweise vor allem ein gesellschaftlicher Aspekt.
Trends in der Entwicklung von Adipositas
Über die Hälfte der deutschen Erwachsenen ist übergewichtig, davon sind 25% adipös. Auch unter Kindern und Jugendlichen sind etwa 15% übergewichtig und 6% krankhaft übergewichtig. Der Anteil der adipösen und stark adipösen Menschen nimmt dabei zu.
Adipositas-Trends bei Erwachsenen
Laut der DEGS-Studie des Robert-Koch-Instituts aus den Jahren 2008 bis 2011 gelten 61,7% der Männer und 53% der Frauen mit einem BMI über 25 als übergewichtig. Adipositas (BMI >30) betrifft 23,3% der Männer und 23,9% der Frauen in Deutschland im Alter von 18 bis 91 Jahren. Zehn Jahre zuvor lagen die Zahlen bei 19% für Männer und 22,5% für Frauen. Der stärkste Anstieg der Adipositas wurde in der Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen beobachtet, also bei Personen, die mit den neuen Medien aufgewachsen sind.
(Quelle: https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Studien/Degs/degs_node.html)
Trends in der Entwicklung von Adipositas bei Kindern und Jugendlichen
Nach der KIGGS-Studie des Robert-Koch-Instituts aus den Jahren 2003 bis 2009 sind 15% der deutschen Kinder und Jugendlichen im Alter von 3 bis 17 Jahren übergewichtig. Zur Bestimmung des Übergewichts werden dabei der BMI und Perzentilenkurven herangezogen. Deutschlandweit gibt es 1,9 Millionen Kinder und Jugendliche mit Übergewicht, was im Vergleich zu den Jahren 1985 bis 1999 einer Zunahme von 50% entspricht.
Etwa 6% der Kinder und Jugendlichen gelten sogar als adipös. Das bedeutet, dass von den 1,9 Millionen Übergewichtigen etwa 800.000 stark übergewichtig sind. Auch deren Zahl hat sich seit 1985–1999 verdoppelt.
Das Risiko für Übergewicht steigt mit dem Alter der Kinder: 9% der 3- bis 6-Jährigen sind bereits übergewichtig, bei den 7- bis 10-Jährigen sind es 15% und bei den Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren sogar 17%.
(Quelle: https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Studien/Kiggs/kiggs_node.html)
Ein niedriger sozialer Status erhöht das Übergewichtsrisiko
Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien haben ein erhöhtes Risiko für Übergewicht. Besonders gefährdet sind dabei Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund, insbesondere aus der Türkei, Polen oder Mittel- und Südeuropa.
(Quelle: https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Studien/Kiggs/kiggs_node.html)
Fast ein Drittel der Weltbevölkerung ist übergewichtig
In den USA sind im Vergleich zu Deutschland mehr Menschen adipös; dort sind zwei Drittel der Bevölkerung übergewichtig, und 36% der Erwachsenen sowie 17% der Kinder leiden unter Adipositas. Franzosen und Schweizer schneiden etwas besser ab, während in Großbritannien etwa 25% der Bevölkerung adipös ist.
Übergewicht ist längst kein rein amerikanisches oder europäisches Problem mehr, sondern ein weltweites. 2008 gab es weltweit etwa 1,5 Milliarden übergewichtige oder adipöse Menschen, während es 1980 nur halb so viele waren. Forscher der Tulane University in den USA prognostizieren, dass bis 2030 etwa 3,3 Milliarden Menschen weltweit übergewichtig sein werden.
Zu den Ländern mit der höchsten Adipositas-Rate zählen auch Mexiko, die Golfstaaten und die pazifischen Inseln. Aber auch Länder wie Südafrika, Brasilien und China verzeichnen steigende Zahlen. In einigen Entwicklungsländern übersteigt bereits die Anzahl der übergewichtigen Frauen die der untergewichtigen. Besonders auffällig ist der Zusammenhang zwischen wachsendem Wohlstand und steigendem Körpergewicht. Kinder von untergewichtigen Müttern haben dabei ein erhöhtes Risiko, starkes Übergewicht zu entwickeln, besonders in Schwellenländern.
Folgeerkrankungen durch Adipositas | Die Konsequenzen von Übergewicht
Bisher fehlen wirksame Behandlungen, um Adipositas zu bekämpfen, und die Lösung des Übergewichtsproblems scheint noch weit entfernt. Dies ist besonders besorgniserregend aufgrund der Erkrankungen, die aus Übergewicht resultieren. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist Adipositas beispielsweise für etwa 44% der Diabetesfälle und 40% bestimmter Krebsarten verantwortlich. Adipositas stellt somit eine enorme gesundheitliche und finanzielle Belastung sowohl für die Patienten als auch für die Gesellschaft dar. Der „Economist“ hat berechnet, dass die Kosten rund 40% höher sind als bei normalgewichtigen Menschen.
Im Jahr 2003 gab die Deutsche Adipositas-Gesellschaft an, dass die Therapiekosten für Adipositas über 85 Millionen Euro betragen, während die Kosten für die daraus resultierenden Erkrankungen 11,3 Milliarden Euro erreichen und die indirekten Kosten, wie z. B. Arbeitsausfälle, bis zu 1,6 Milliarden Euro.
In Schwellenländern sind die Kapazitäten jedoch häufig unzureichend, um Folgeerkrankungen wie Herz- und Gefäßerkrankungen, Diabetes, Bluthochdruck und Fettleber zu diagnostizieren und zu behandeln. Diese Länder stehen vor einem Dilemma: Auf der einen Seite führt der steigende Wohlstand zu einer Änderung der Ernährungs- und Lebensweise, die zu Übergewicht und dessen Folgen beiträgt; auf der anderen Seite bleibt die medizinische Versorgung in der Regel unzureichend.
Hier finden Sie Informationen über Adipositas:
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